Bern, 14. Juni 2023
Medienmitteilung
Fach- und Sprachkompetenz sowie Glaubwürdigkeit: Das sind wichtige Voraussetzungen, damit Wissenschafter:innen von parlamentarischen Kommissionen zur Anhörung eingeladen werden. Zu diesem Schluss kommt die Projektgruppe «Who gets heard» der Jungen Akademie Schweiz. Die Gruppe hat 25 Interviews mit Bundesparlamentarier:innen, Mitarbeitenden der Parlamentsdienste und in der Schweiz tätigen Forschenden geführt und ihre Erkenntnisse jetzt unter dem Titel Wer wird gehört? Wissenschafter:innen in den Anhörungen der parlamentarischen Sachbereichskommissionen veröffentlicht. «Viele Forschende wissen nicht, wie wissenschaftliche Erkenntnisse und Expertise im Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene einfliessen», erklärt Co-Sprecherin Silvia Maier die Motivation, einen praktischen Leitfaden herauszugeben. Zwar sind die von den Sachbereichskommissionen des nationalen Parlaments durchgeführten Anhörungen ein bekanntes Instrument, um sich Gehör zu verschaffen; «diese Anhörungen sind jedoch in aller Regel vertraulich und stellen somit für Aussenstehende eine Art Dunkelkammer dar», beschreibt Co-Sprecherin Odile Ammann den initialen Anstoss zum Projekt. Während politische Entscheidungsträger vor grossen, komplexen Herausforderungen stehen, ist erstaunlich wenig über solch entscheidende Schnittstellen bekannt, wie sie wissenschaftliche Hearings in parlamentarischen Kommissionen darstellen. Die Projektgruppe bringt nun Licht ins Dunkel. «Wir wollen eine Orientierungshilfe geben, damit Wissenschafter:innen ihr Wissen und ihre Forschungserkenntnisse erfolgreich in die parlamentarische Phase des Gesetzgebungsprozesses einbringen können», sagt Silvia Maier.
Dabei folgt die Publikation folgenden Leitfragen: Nach welchen Kriterien werden Wissenschafter:innen durch die Kommissionen eingeladen? Wie laufen diese Anhörungen ab? Weshalb wird die Wissenschaft in die parlamentarische Arbeit miteinbezogen? Was macht wissenschaftliche Expert:innen glaubwürdig? Wie stehen die Politiker:innen zu Wissenschafter:innen, die sich in politische Diskussionen einbringen? Und wie können Wissenschafter:innen ihre Expertise wirksam in die Kommissionen tragen?
Nebst Hintergrundinformationen zu den Abläufen liefert die Publikation auch praktische Tipps zu Handen von Wissenschafter:innen für ein erfolgreiches Auftreten in den Kommissionen. Projektmitglied Servan Grüninger bringt eine Kernaussage auf den Punkt: «Zentral ist die Fähigkeit, nachvollziehbar zu argumentieren.» Zudem sollen die Forschenden Handlungsoptionen aufzeigen, die im aktuellen Kontext politisch relevant sind. Sie sollen aber nicht selbst Politik machen. Diese Relevanz herzustellen, erfordert einen kontinuierlichen Dialog. «Wissenschafter:innen müssen den aktuellen gesellschaftspolitischen Kontext verstehen, in dem sich die Politik bewegt, um den aktuellen Stand des Wissens auf die aktuelle Diskussion zuzuschneiden», erklärt Projektmitglied Darius Farman. Das will geübt sein.
Der Bericht zeigt deswegen auf, dass auch akademische Institutionen gefordert sind: So müsse wissenschaftliche Politikberatung auch innerwissenschaftlich honoriert und ausreichend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit Forschende die dafür notwendigen Kompetenzen erwerben können. Dazu gehören insbesondere die Stärkung von Aus- und Weiterbildungsangeboten sowie die Anrechnung von Erfahrungen in der wissenschaftlichen Politikberatung bei Berufungs- und Einstellungsverfahren, sofern dies in Bezug auf das jeweilige Stellenprofil und den Forschungsbereich Sinn ergibt.
Zur Publikation (Deutsch / Französisch)
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